Steckbrief Forschendes Lernen

Lernen muss getragen sein vom Verstehen wollen. Lernen funktioniert umso besser, je mehr die/der Lernende erfährt, dass dieses für die eigene Person bedeutsam ist. Lernen ist nicht die Kehrseite von Lehren. Lernen ist manchmal mühevoll und nicht frei von Fehlern und Irrtümern. Dies erfahren die Schüler:innen beim Forschen. Den Horizont der jeweils Lehrenden nicht als Begrenzungslinie für das Denken der Lernenden zu installieren, ist uns ein Bedürfnis. Denn es soll den Schüler:innen möglich werden, eigene Horizonte zu erfahren und zu erkunden.
Was ist Forschendes Lernen?
- Fachübergreifend oder sogar fachunabhängig und selbstreguliert.
- Die Lernenden stellen eigene Fragen aus ihrer Lebenswelt und finden selbst Antworten.
- Dauer: Etwa ein halbes Jahr, meist eine Doppelstunde pro Woche.
- Geeignet für alle Altersstufen und Schulformen.
Merkmale des Forschenden Lernens:
- Die Forschenden wählen bedeutungsvolle Aufgaben aus ihrer Lebenswelt.
- Sie sind aus sich heraus (intrinsisch) motiviert und im Dneken (kognitiv) aktiviert, lernen auf ihrem eigenen Niveau und Tempo.
- Forschendes Lernen erfordert, dass die Schüler:innen ihre eigenen Probleme und Lösungen finden, was abweichendes (divergentes) Denken fördert.
Forschendes Lernen ist eine Lernform, bei der die Forschenden:
- selbstständig eine für sie relevante Fragestellung oder Hypothese entwickeln,
- mithilfe verschiedener Methoden nach Antworten suchen,
- den Forschungsprozess selbst gestalten und reflektieren,
- ihre Ergebnisse aufbereiten und präsentieren.
Lernen wird dabei nicht als bloße Wissensanhäufung verstanden, sondern als ein ergebnisoffener und dynamischer Prozess, bei dem das forschende Individuum im Mittelpunkt steht.
Forschendes Lernen kann überall stattfinden: im Museum oder in der U‑Bahn, auf dem Sportplatz oder in der Kita. Es ist in allen Disziplinen möglich: in den Natur- und Geisteswissenschaften ebenso wie im Bereich Kunst und Kultur. Fächerübergreifendes Denken und Arbeiten sind dabei keine Ausnahmen, sondern eine Selbstverständlichkeit.
Pädagogische Haltung und Rolle der Lehrkräfte:
- Eine konstruktivistische Pädagogik, die die Lernfähigkeiten der Schüler:innen respektiert.
- Lehrkräfte sind in ihrer Haltung Lernbegleiter:innen, nicht Expert:innen.
- Sie unterstützen die Reflexion und Beziehung, bieten aber keine inhaltliche Hilfe.
Ziele des Forschenden Lernens:
- Entwicklung von Selbstkompetenzen wie Anstrengungsbereitschaft, Selbstberuhigung, Motivation, Durchhaltevermögen, Beharrlichkeit, Frustrationstoleranz und Selbstwirksamkeit.
- Erwerb von metakognitiven Kompetenzen wie orientieren, Probleme lösen, Informationen suchen, Wissen ausdrücken, vermuten, Ergebnisse finden, präsentieren, diskutieren und nachdenken.
Unsere Arbeit im Forschenden Lernen zielt bewusst auf die Entwicklung überfachlicher Kompetenzen, nicht auf eine neue Didaktik für Philosophie- oder Naturwissenschaftsunterricht. Wichtig ist, dass Lernen nicht linear und perfekt abläuft, sondern auch Irrwege und Scheitern als Teil des Prozesses akzeptiert werden. Diese Erfahrungen können Ausgangspunkte für neue, erfolgreichere Überlegungen sein. Andernfalls wäre es, als würde man einem Kind sagen: »Du gehst keinen Schritt ins Wasser, bevor du nicht schwimmen kannst.«
Material
- 2000 erschien das Buch »Mit Metaphern philosophieren«. Es reflektiert die Praxis der Autorin mit Kindern zu philosophieren, die weder Sprache noch ein behütetes Zuhause haben. Das Buch entstand in der Zeit im Graduierten Kolleg Ästhetische Bildung, Universität Hamburg: Calvert, Kristina: Mit Metaphern philosophieren. München 2000.
- 2021 schrieben Anna Hausberg und Kristina Calvert, nachdem sie als ReferentInnen in Oxford auf einer Internationalen Tagung zum Thema Kreativität ihren Ansatz vortrugen, diesen Artikel: »Forschen als Kultur guten Lernens — Philosophieren mit Kindern«. Erschienen in: Kinder lernen Zukunft, Grundschulverband e.V.
- Erscheinungsdatum 2025: »Nasowas. Eine Reise durch die Wunderkammer. Dein Begleitheft.« Von Eva Muggenthaler und Kristina Calvert. Hrsg. von der Gabriele Fink Stiftung und dem Altonaer Museum.